24.05.2013

Seit 1901 macht jeder seins

"Der Weihrauch, wie er zum 150. Jubiläum der SPD verbrannt wird, ist … ein Stoff mit doppeltem Verwendungszweck: Zum einen soll das Räucherwerk für einen geschichtsgesegneten Auftakt des Wahlkampfs sorgen; zum anderen soll es die verpönten alten Begrifflichkeiten und Ideale im Nebel verschwinden lassen. Sozialismus kommt ja nicht von sozial, sondern vom Sozialisieren, also vom Vergemeinschaften der Produktionsmittel, wie es etwa im Artikel 15 Grundgesetz vorgesehen ist; aber auch dieser Artikel wird ja allenthalben verlegen überblättert … Die SPD sagt indirekt, dass ihre Sozialisterei beendet ist. Das war eigentlich schon Botschaft des Godesberger Programms von 1959 ff; seitdem fordert die SPD: Wir wollen die Kontrolle wirtschaftlicher Macht! Vorher hat sie plakatiert: Wir wollen wirtschaftliche Macht verhindern! Lafontaine sagt das heute noch; darum ist er nicht mehr in der SPD und zum Jubiläum nicht geladen. Linke und linksgeneigte Ideen könnten freilich einen wirklichen Wettbewerb gut vertragen.“

»… „Das muss unter uns bleiben“ sagt der junge Genosse verschwörerisch, und macht eine Pause. „Viele Genossen sagen: Wir werden die Wahl verlieren.“ Die Wahl verlieren? Das darf doch nicht wahr sein, Defätismus bei der Geburtstagsfeier. Viele Beobachter, fährt der junge Genosse fort, machten dafür den Zickzackkurs seit den rot-grünen Regierungsjahren verantwortlich. Weder die Wähler noch die Basis wüssten, wofür die SPD noch gut sei. …«
Aus einem Bericht einer 150. Geburtstagsfeier im Berliner Bezirk Tempelhof: http://www.freitag.de/autoren/der-freitag/eine-schrecklich-nette-familie

„Ich habe eiserne Prinzipien Wenn sie Ihnen nicht gefallen, habe ich auch noch andere.“ (Graucho Marx) / "Da sind die Müllmänner!" - "Sag ihnen, wir brauchen nichts." (Marx Brothers)

22.05.2013

Ökonomische Demokratie

In einem Artikel macht sich Michael Jäger, Publizist in „der Freitag“, Gedanken über den Verfall der „Piraten“. Er formuliert dabei, „was ökonomische Demokratie sein könnte“:
» Diese Art und Weise, eine Demokratie als Parteienstaat zu betreiben, hat natürlich nur Sinn, wenn die Parteien politische Alternativen ausarbeiten, über die dann abgestimmt werden kann. Hier aber liegt die Crux der „richtigen Parteien“. Denn ihre politischen Gegensätze verschwinden immer mehr, während die sozialen Zugehörigkeiten bestehen bleiben. Ist eine der großen Parteien an der Regierung, macht sie ungefähr dieselbe Politik wie die andere. Nur im permanenten Wahlkampf betont sie ihre angebliche Besonderheit. Und weil selbst das schwer fällt, werden „Werte“ in den Vordergrund gestellt. Warum verschwinden die Gegensätze? Da hören wir die Antwort, dass alle sozialen Gruppen zur selben Politik objektiv gezwungen seien … Es ist kein Wunder, dass heute in der Weltfinanzkrise auch Stimmen laut werden, die nicht mehr den Niedergang der Demokratie beklagen, sondern offen ihre Aufhebung fordern … Das Internet ist, marxistisch gesprochen, eine neue Produktivkraft. Dass es den freien Zusammenschluss befördern würde, wenn nicht Privatmächte ihn erfolgreich behinderten, ist nur eine neue Variante desselben Konflikts, der schon bei der Entstehung großer kapitalistischer Fabriken im 19. Jahrhundert aufkam. Schon damals wurde proklamiert: Hier sind Massen von Menschen versammelt, und wie frei könnten sie für Ziele zusammenarbeiten, die im allgemeinen Interesse liegen, wenn da nicht die Privatmächte wären … Das Internet lässt eigentlich erst begreifen, was ökonomische Demokratie sein könnte. Denn erstens: In einer Ökonomie freier Individuen müssten diese, und nicht ein Staat, über die grundlegenden Produktionspfade einer Gesellschaft entscheiden. Zweitens, die Methode, mit welcher Individuen statt Gruppen entscheiden, ist die Wahl qua Stimmabgabe. Drittens wird es durchs Internet möglich, sich der allgemeinen Wahl auch zur Entscheidung über den ökonomischen Weg einer Gesellschaft zu bedienen ... In den letzten Jahrzehnten ist immer wieder bewusst geworden, dass an der „Festlegung der Perspektiven der Gesellschaft“ alle Individuen durch Volksentscheid hätten beteiligt sein sollen – ob es sich um die Nutzung der Atomkraft, den Stuttgarter Tunnelbahnhof oder die Bedeutung handelt, die man der Autoindustrie zugestehen will … «.

08.05.2013

Wachstum als oberstes Gebot


Das Geld in den Oasen:
"Man hat ausgerechnet, bei Einsatz des versteckten Geldes könnte zum Beispiel der Welthunger halbiert werden. Sehen wir einmal davon ab, dass die führenden Staaten es so vermutlich nicht einsetzen würden. Halten wir nur fest, dass sich das Problem erst in den letzten Jahrzehnten so sehr verschärft hat. Der Grund ist schwerlich, dass die Gier der reichen Menschen immerzu wachse. Eher schon ihre Verantwortungslosigkeit. Gier allein kann das Phänomen kaum erklären, da die Personen das dem Fiskus entzogene Geld ja nicht ausgeben – sie brauchen es gar nicht –, sondern nur verstecken. Statt es der Allgemeinheit zur Verfügung zu stellen, stecken sie es lieber heimlich in die Hedgefonds, die von den „Oasen“ aus operieren. Die vermehren es dann freilich, weil Vermehren, „Wachstum“, und sei’s auch nur von Geld, in unserer Wirtschaftsordnung das oberste Gebot ist.
Mit den Dienstleistungen, durch welche den Privatpersonen, mehr noch den weltweit operierenden Firmen der Weg in die „Oasen“ gewiesen wird, erwirtschaftet das Land einen guten Teil seines Sozialprodukts."
Quelle und ausführliche Analyse von Michael Jäger: http://www.freitag.de/autoren/michael-jaeger/eine-moderne-robinsonade