„Der Lebensmittelskandal scheint zu einem Alltagsphänomen zu
werden. Spätestens wenn die nächsten ekligen Schweinereien, die uns die
Lebensmittelindustrie auftischt, infolge medialer Abnutzungseffekte keine
größere Empörung mehr auslösen, werden wir anfangen, mit der permanenten
Lebensmittelkrise als einer Normalität zu leben – bis wir an der schleichenden
Vergiftung zugrunde gehen, der wir im Spätkapitalismus unausweichlich
ausgesetzt sind …Unterm krisenbedingt zunehmenden Konkurrenzdruck lösen sich
die letzten Hemmungen in einer von nur wenigen Dutzend Großkonzernen
beherrschten Branche auf. Dort kämpfen viele scheinselbständige Akteure ums
nackte ökonomische Überleben, derweil die Zerrüttung der staatlichen Finanzen
gleichzeitig zur Erosion des Lebensmittelkontrollsystems führt … Dank der
Nestlé-Billigmarken könnten nun auch europäische Verbraucher »eine
Familienmahlzeit für weniger als einen Euro pro Portion zubereiten« ... Der
Elendsfraß gehört längst zu den wichtigsten Wachstumsmotoren dieses weltgrößten
Lebensmittelkonzerns … Es ist bezeichnend, daß beim Pferdefleischskandal nahezu
ausschließlich Billigmarken betroffen waren, seien es nun die Produkte von Lidl
und Aldi oder die Marken A & P, TiP, Gut & Günstig und KClassic … Der
illegale Handel mit minderwertigen oder verseuchten und verdorbenen
Lebensmitteln sei ein »ziemlich neues Phänomen«, erklärte ein Europol-Ermittler
… zu dem inzwischen sizilianische Mafiabanden, die gepanschten Wein in Umlauf
bringen, genauso gehören wie niedersächsische Fleischer, deren ungenießbarer
Schweinekehlkopfknorpel sich in italienischer Wurstware findet … Welche
Bedeutung der Verbraucherschutz für die derzeitige Bundesregierung hat, läßt
sich etwa am Wahlkampfprogramm der CDU von 2005 ablesen, in dem die gänzliche
Abschaffung der staatlichen Lebensmittelkontrollen gefordert wurde … Die
naheliegende Lösung, einen Teil dieser gigantischen Überschußproduktion den
Krisenopfern zur Verfügung zu stellen, käme systemimmanent einer Blasphemie
gleich, da innerhalb der Verwertungslogik Lebensmittel, die nicht verwertet
werden konnten, keinen Wert besitzen und eher vernichtet denn gegessen werden
sollen … Der menschliche Körper ist für das Kapital ein perfekter
Müllschlucker, in dem die Ergebnisse einer katatrophalen Nahrungsproduktion billig
entsorgt werden können … »Mit Obst und Gemüse läßt sich nur wenig Profit machen
– mit Junkfood und Softdrinks schon mehr. Es lohnt sich ganz einfach nicht,
gesunde Produkte ans Kind zu bringen«, erläuterte Anne Markwardt von der NGO
Foodwatch in einem Interview. So nehmen Kinder inzwischen im Schnitt nur noch
die Hälfte der empfohlenen Menge an Obst und Gemüse zu sich, während die
tägliche Zuckerdosis mit 200 Prozent weit übertroffen wird. Die Folge: Seit den
Neunzigern ist der Anteil fettleibiger Kinder um 50 Prozent gestiegen, ein
Prozent aller Kinder leidet unter Altersdiabetes … Dieser Anstieg
ernährungsbedingter Erkrankungen ist auf die krisenbedingten
Verelendungstendenzen zurückzuführen, da sich immer weniger Menschen eine
gesunde und ausgewogene Ernährung leisten können und deswegen zumindest den
Kalorienbedarf mit Fast Food und Fertiggerichten zu decken versuchen …“
Quelle und ganzer Bericht: http://www.konicz.info/?p=2544