17.03.2014

Demokratie in die eigenen Hände nehmen

- "Kultur ist das Vergnügen, die Welt zu verändern" - Bertolt Brecht -
Das Desinteresse wächst - Noch nie haben sich so wenige stimmberechtigte Bürger auf den Weg ins Wahllokal gemacht. Vor allem in den großen Kommunen sinkt das Interesse rapide … die Kernbotschaft ist der deprimierende Umstand, dass sich noch nie so wenige Landkreisbürger aufgemacht haben, um ihre Stimme abzugeben. Es ist eine neue historische Tiefstmarke in einer seit Jahrzehnten abfallenden Fieberkurve erreicht - bei einer Wahlbeteiligung von nun gerade einmal noch rund 53 Prozent.“
Bericht am 17.3.14 auf „SZ-FFB online“ (Landkreis Fürstenfeldbruck/Oberbayern): www.sueddeutsche.de/muenchen/fuerstenfeldbruck/kommunalwahl-in-fuerstenfeldbruck-das-desinteresse-waechst-1.1914505

Bericht der schweizer „Wochenzeitung“ vom 13.3.14:
» Freie Wahlen ohne Wahl - Die Demokratie verliert im Zeichen der Globalisierung zunehmend an Substanz. Echte politische Veränderungen zu bewirken, wird schwieriger. Zwar gibt es viele Protestbewegungen, doch droht ihnen die Vereinnahmung durch die Eliten … Nun schwärmen … IWF-ExpertInnen durch die Ukraine, um die neue Lage zu peilen. Womöglich wird man diesmal die Bedingungen für einen neuen Kredit noch verschärfen. Und die EU wird sich den Forderungen des IWFs anschließen. Die Ukraine hat keine Alternative mehr. Nicht mal mehr mit der Hinwendung nach Russland kann man drohen. Dem Land droht ein „Strukturanpassungsprogramm“, noch dramatischer, als es Griechenland durchlaufen muss. Und die Bevölkerung wird dazu nichts zu sagen haben … Die Globalisierung hat ein Weltwirtschaftssystem hervorgebracht, aus dem einzelne Staaten nicht einfach aussteigen können. Das System beruht auf Freihandel, und das bedeutet primär Konkurrenz. Staaten stehen in direkter Konkurrenz zu anderen Staaten. Bevölkerungen müssen sich mit anderen Bevölkerungen messen. Dabei geht es um die Höhe der Löhne, um das Investitionsklima, um den Preis der Ressourcen und die Kosten von hergestellten Produkten. Kapital kann unkontrolliert in ein Land hinein und ganz schnell wieder hinaus fließen. Dieses System bringt nicht Wohlstand für alle, wie die klassische liberale Wirtschaftstheorie behauptet, sondern verbreitet Lohndruck, Arbeitslosigkeit und Unsicherheit. Die Ungleichheit nimmt zu … bedeuten freie Wahlen auch automatisch Demokratie? Wie demokratisch ist ein Präsidialsystem, in dem der Präsident zwar alle paar Jahre gewählt werden darf, aber in der Zwischenzeit schalten und walten kann, wie er will?
Der britische Soziologe Colin Crouch hat vor ein paar Jahren den Begriff „Postdemokratie“ geprägt. Die Demokratie sei drauf und dran, ihre Substanz zu verlieren – auch in den westlichen Staaten. Wichtige Entscheide würden immer mehr in undemokratischen Gremien wie dem IWF fallen.
Zwar gibt es nach wie vor Wahlen, Institutionen und Parteien. Doch gerade die Parteien sind austauschbar geworden und stehen nicht mehr für soziale Klassen oder Schichten. Den Unterprivilegierten fehle es zunehmend an einer gemeinsamen Identität … Parteien sind gemäß Crouch zu „Maschinen geworden, die nach Wählern Ausschau halten“. Es sind Vehikel der Eliten, um mitzumischen … Heute begrenzen internationale Institutionen und Freihandelsabkommen mehr und mehr den Rahmen der Politik.“
Im Artikel wird Bezug genommen auf die aktuelle und erstaunliche Demokratiebewegung in Bosnien-Herzegowina: „Hier findet gerade eine soziale Revolution statt. Es gibt keinen raschen Wandel, aber zum ersten Mal werden soziale Themen über die nationalen gesetzt. Das ist die größte Errungenschaft.“ Der einst von oben herab verordneten Demokratie, die das Land nach den Bedürfnissen der nationalistischen Eliten aufgeteilt hatte, setzt die Protestbewegung in Bosnien-Herzegowina eine neue Demokratie entgegen. Eine Demokratie von unten. «

Eine weitere Demokratiebewegung von unten formiert sich:
„Forum gegen unnütze und aufgezwungene Großprojekte“ - Der weiße Elefant – Symbol des Protests von Tunesien bis Dänemark: » In ganz Europa wehren sich Bürger gegen Megaprojekte, die vor allem einen Zweck haben: öffentliche Gelder in die Privatwirtschaft umzuleiten … Seit 2011 treffen sich die Initiativen auf dem „Europäischen Forum gegen unnütze und aufgezwungene Großprojekte“ … Zum dritten europäischen Forum 2013 in Stuttgart kamen rund 1.000 Besucher und mehr als 30 Initiativen … Gegner des geplanten Großflughafens in der Bretagne waren ebenso vertreten wie Aktivisten gegen die Lagerung von Atommüll im lothringischen Bure, die Fracking-Bohrungen im Bodenseegebiet und das Goldtagebauprojekt im rumänischen Rosia Montana, wo das Edelmetall mit Zyanid aus dem Gestein gelöst werden soll. Aus Großbritannien, Frankreich, Spanien und Italien kamen gleich mehrere Initiativen gegen Hochgeschwindigkeitszüge zum europaweiten Erfahrungsaustausch … „Das Prinzip Megaprojekt ist überall gleich … Das sind Vorhaben, die niemandem nutzen außer den Betreibern, Banken und Politikern. Hier geht es um die Umleitung öffentlicher Gelder in die Privatwirtschaft” … „Wir müssen aufhören mit der Unterwürfigkeit. Wir müssen uns selber ermächtigen, Bürgerversammlungen und Parlamente aufzubauen, neue demokratische Organisationen, die nicht von Goldman Sachs gesteuert werden.”
Das Susa-Tal ((im Piemont)) erprobt bereits Alternativen zur Parteiendemokratie. „Die Parteien werden hier nicht mehr gewählt” … Stattdessen stelle die No-TAV-Bewegung mit eigenen parteiunabhängigen Listen jetzt vielerorts den Bürgermeister. Diese beriefen regelmäßig Bürgerversammlungen ein. „Die Leute nehmen jetzt aktiver am öffentlichen Leben teil. Sie machen die Erfahrung, je mehr du dich beteiligst, umso mehr kannst du auch verändern. Das ist eine Entwicklung, die sich selbst verstärkt” … Das neugewonnene Interesse an der Politik verbinden die Talbewohner mit Bella Vita: In den Mahnwachenhütten, die sie in jedem Ort errichtet haben, gibt es Lesungen, Konzerte und Volksküchen, in denen piemontesische Köstlichkeiten zubereitet werden. «
Quelle: www.freitag.de/autoren/thomas-frueh/weisse-elefanten  
Überregionales Journal: www.kontextwochenzeitung.de/macht-markt/122/kritische-buerger-stoeren-1652.html
Die europäische Initiative: www.drittes-europaeisches-forum.de/

Das vierte Foum gegen unnütze und aufgezwungene Großprojekte: 8. bis 11. Mai 2014 in Rosia Montana in Rumänien.