Die Eliten
im Lande diskutieren bereits seit Jahren über Sinn und Unsinn, die Vor- und
Nachteile der Demokratie. Die Fesseln der Demokratie werden ihnen zunehmend
lästig. Wer aber sind diese „Eliten“? Wie organisieren und exekutieren sie ihre
Macht? Und wie erreichen sie es, dass es so wenig Gegenwehr gegen immer
weiteren Sozialabbau, Entsolidarisierung und Entdemokratisierung gibt? Zu
diesen Fragen sprach Jens Wernicke mit dem Autor und Journalisten Marcus Klöckner:
» Stellen Sie sich nur einmal vor, was wäre, wenn plötzlich
über Nacht in den Parlamenten und an den anderen Schaltstellen der Macht nur
die Armen und Ärmsten sitzen würden. Hätten wir dann nicht schlagartig eine
andere – ich will erstmal gar nicht sagen: eine „bessere“, aber eben doch eine
andere – Politik? Von daher: Wer oben steht, wer in der Lage ist, weitreichende
Entscheidungen zu treffen, die die Bürger betreffen, das ist von zentraler
Bedeutung für ein Land und seine Gesellschaft ... Der Umgang mit den Armen in unserem Land ist
oftmals gekennzeichnet von offener oder heimlicher Verachtung
und Ausgrenzung; und das zieht sich von da eben auch bis in die Parlamente. Ich
möchte gar nicht wissen, wie weit die klassistischen Ressentiments
gegenüber den Prekären in unserer Gesellschaft bei so manchem Abgeordneten gehen
... Der im Parlament vorhandene Blick auf die Armen und das Phänomen der Armut
lässt es insofern erst gar nicht zu, dass politische Mehrheiten entstehen, die
tatsächlich zu Entscheidungen führen, die den unteren Schichten, den Schwachen,
den Armen, zugutekommen: Grundlegende Strukturveränderungen, die auch einmal
den Armen richtig in die Karten spielen würden, lassen sich mit einem
Parlament, dessen Mitglieder in ihren Entscheidungen oft genug ein Verhalten
erkennen lassen, das von alles anderem als Sympathie für die Armen geprägt ist,
einfach nicht durchsetzen ... Eine Politik, die den Armen in unserem Land
richtig hilft, ist einfach „nicht sexy“. Mit solch einer Politik würden viele
Parlamentarier auf Ablehnung bei genau den Schichten und Klassen in der Gesellschaft
stoßen, die ihnen ihre Stimme geben und von denen natürlich auch die größten
Spenden und maßgeblichste politische Unterstützung zu erwarten sind. Das ist
bitter, aber so ist es. Der Kreis zwischen Teilen der Bevölkerung, die den
Armen am liebsten noch weniger zukommen lassen möchte, und einer Politik, die
Veränderungen herbeiführen könnte, es aber nicht will, schließt sich. «