16.08.2014

"Kriegsreif" werden

Der Erste Weltkrieg wurde im Deutschen Reich vor seinem Beginn bejubelt: „Keine Parteien mehr, nur noch Deutsche“ – „Zum Krieg wie zu einem Feste gehen“. Das klingt absurd. Heute sagt man es anders. In den letzten Jahren und vermehrt in den letzten Wochen färbt Kriegsbegeisterung und Gewaltverherrlichung auf Jugendliche im friedlichen Deutschland ab. Verdummende Propaganda fällt auf fruchtbaren Boden, vorbereitet durch „Militarisierung des Alltags, allgemeine Verrohung des Zeitgeists, Fetischisierung der Nation, Versagen der Opposition und der ‚Eliten‘ (Wissenschaftler, Künstler, Intellektuelle), die Etablierung von Feindbildern … Mit Blick auf heutige Verhältnisse müssen wir feststellen, dass der Prozess hin zu einem neuen Krieg mit Zustimmung der Deutschen zwar nicht abgeschlossen, jedoch schon ein Stück weit fortgeschritten ist.“ Zu dieser Einschätzung kommt der Publizist Roland Rottenfußer in seinem Aufsatz „Wie man eine Nation kriegsreif macht“, in dem er die mentale Entwicklung im Zusammenhang mit dem 1. WK nachzeichnet: „Es ist schön, wenn Menschen in der Lage sind, umzulernen. Aber brauchen wir Nachgeborenen, nach zwei entsetzlichen Erfahrungen im 20. Jahrhundert, nach allem was wir historisch wissen oder uns lesend aneignen können, wirklich noch einmal einen Krieg, um zu überzeugten Kriegsgegnern zu werden?“. Der ganze Text: http://hinter-den-schlagzeilen.de/2014/08/15/1914-wie-man-eine-nation-kriegsreif-macht/#more-17425
Lügen, Verdrehungen, Feindbildproduktion … alles wieder aktuell. „Ohne Frieden ist alles nichts“, sagte Willy Brandt, ehemals deutscher Bundeskanzler. Der ehemalige SPD-Fraktionsvorsitzende Peter Struck sagte 2008 in einem Interview mit dem evangelischen Magazin „chrismon“ auf die Frage „Was muss die Jugend lernen?“: „Sie sollen lernen, … dass wir töten müssen und wir auch getötet werden“. Bundespräsident Joachim Gauck äußerte 2012 an der Hamburger Bundeswehruniversität: „Dass es wieder deutsche Gefallene gibt, ist für unsere glückssüchtige Gesellschaft schwer zu ertragen“. Ein Kommentar von Alexander Unzicker, Physiker, Jurist und Sachbuchautor, bringt die derzeitige Lage auf den Punkt: „Denn Krieg bedeutet automatisch die Liquidierung von praktisch allen Grundrechten, angefangen bei Menschenwürde, Leben und Gesundheit. Es kann keinen Rechtsstaat mehr im Krieg geben. Wollen wir uns das mal klarmachen? Dieser Staat ist es wert, ihn zu verteidigen, gegen Lügen, gegen Propaganda, gegen Irrationalität und vor allem: gegen Krieg.“ Der ganze Text: www.heise.de/tp/artikel/42/42531/1.html
„Es ist an der Zeit“, sagt Chr. Rösner in einem Beitrag auf „der Freitag online“ (www.freitag.de/autoren/christoph-roesner/es-ist-an-der-zeit). „Wozu hat der zivilisierte Westen all seine Technologien und Fähigkeiten entwickelt, wenn nicht schlussendlich zur Rettung der Menschlichkeit“, und deshalbzieht er die Konsequenz: „Ausschalten heißt das Prinzip. Gezieltes Töten und Ausschalten dieser Banden“. Herr Rösner ist soweit: er ist kriegsreif!

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen