04.02.2016

„Weltmacht Europa“

Wolfgang Ischinger, der Leiter der Münchner Sicherheitskonferenz (SiKo), die dieses Jahr am 12.-14.02.2016 stattfinden wird, gab in »Christ & Welt« (Ausgabe 6/2016) ein Interview, in dem er forderte: „Die Europäische Union muss sich bei den kommenden Genfer Syrien-Gesprächen zum zentralen Akteur aufschwingen […] Sie profitiert am meisten von einem Kriegsende, oder sie trägt mit einem wachsendem Flüchtlingsstrom die Folgen des Scheiterns.“ Der Honorarprofessor der Universität Tübingen weiter: „Flüchtlingsprobleme an den Wurzeln anzugehen darf nicht nur heißen, der Türkei Geld zu geben und Jordanien und dem Libanon Hilfe anzubieten. Sondern die Frage muss lauten: Wie können wir jetzt, 2016, den syrischen Bürgerkrieg rasch beenden?“ Seine Lösung lautet anscheinend: „Ich hoffe, dass auch die Linke aufhört, Militäreinsätze zu verteufeln […] Europa hätte den Syrienkrieg in eine andere Richtung lenken können, wenn man den bürgerlichen Widerstand unterstützt hätte. Aber wir haben zugeschaut, wie die Extremisten auf allen Seiten immer mehr Macht gewannen.“ Europa, so ist Ischinger überzeugt, „muss seine militärische Macht stärken. Unsere Länder müssen fähig werden, einander beizustehen, in Konflikten glaubhaft mit Intervention zu drohen und im äußersten Fall Militär einzusetzen.“ Wer nicht dieser Ansicht ist und Militäreinsätze auch weiterhin verteufeln möchte, kann sich gerne beispielsweise auf sicherheitskonferenz.de informieren. (mh) 
Quelle: www.imi-online.de/2016/02/04/siko-ischinger-militaereinsaetze-verteufeln

Mit beeindruckender Deutlichkeit umriss die Bertelsmann Stiftung bereits im Jahr 2003 die wesentlichen Komponenten einer künftigen „Weltmacht Europa“ mit folgenden Worten: „Im Szenario Supermacht Europa wird das große Europa seinem objektiven Weltmachtpotential gerecht. Die Europäische Union nutzt ihre materiellen und institutionellen Ressourcen in vollem Umfang. Wirtschaftliche Leistungsfähigkeit, Bevölkerungszahl, militärisches Potential und das europäische Wertesystem bieten ihr eine beachtliche Handlungsbasis. [...] Im Ergebnis einer Abtretung nationaler Souveränitätsrechte der Mitgliedstaaten an die EU entwickelt sich die Union zu einem umfassenden globalen Sicherheitsakteur. Die Etablierung einer Sicherheits- und Verteidigungsunion und vor allem der Aufbau der Vereinten Europäischen Strategischen Streitkräfte (VESS), die sich unter einem gemeinsamen europäischen Oberkommando des Atomwaffenpotentials Frankreichs und Großbritanniens bedienen können, verändern die internationale Rolle der EU. […] Die Supermacht Europa verabschiedet sich endgültig von der Idee einer Zivilmacht und bedient sich uneingeschränkt der Mittel internationaler Machtpolitik. […] Die sich stetig in Richtung einer Supermacht Europa entwickelnde Europäische Union erweist sich als ein äußerst offenes System, das auch im Prozess der Staatswerdung fähig ist, neue Mitglieder aufzunehmen. Damit ist die EU global das einzige System, das territorial kontinuierlich expandiert.“
Einleitung einer Analyse auf www.hintergrund.de/201601283831/politik/politik-eu/europas-militaerapparat.html 
Eine Studie der imi-Informationsstelle Militarisierug e.V., „Imperialer Neoliberalismus: Syrien und die Europäische Nachbarschaftspolitik“: www.imi-online.de/download/IMI-Studie2012-12_web.pdf

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