21.05.2017

Kriegskommunikation

Ausschnitte aus der Analyse „Die Welt in Schwarz und Weiß. Die Kriegsberichterstattung seit dem Ende des Kalten Krieges unterteilt die Welt weiterhin in Freund und Feind“ von Kurt Gritsch, auf www.rubikon.news:
Es ist eine Tatsache, dass sich Krieg massenmedial um ein Vielfaches besser verkaufen lässt als Frieden. / Krisen, Kriege und Katastrophen sind also Katalysatoren für nach neoliberalen kapitalistischen Überlegungen arbeitende Medienkonzerne. / Die Welt wissen zu lassen, dass man sich als Medien um sie kümmert, ging und geht einher mit der Attitüde des modernen Journalismus, Schuldige zu suchen um zu bestrafen und zu informieren um zu rächen. / Nicht weniger bedeutend für die Bedrohung der Demokratie ist die Haltung jener Massenmedien, die wie CNN den Journalismus rigoros dem wirtschaftlichen Erfolg unterordnen. / Angesichts der weltweiten Medienkonzentration kann damit im Extremfall ein kleiner Kreis von Leuten über Krieg und Frieden entscheiden ...
Die Inszenierungen, denen Medienkonsumenten ausgesetzt sind, laufen auf folgenden Ebenen ab:
  1. Inszenierung der Politik: Durch Betonung von Mimik, Gestik und Pose soll der Eindruck einer vertrauenswürdigen und starken Persönlichkeit vermittelt werden (46).
  2. Inszenierung der Militärs: Eigene Erfolge und Niederlagen der Gegenseite werden in Medienkonferenzen und selbst produzierten News mit eloquenten „Moderatoren“ (Ex-NATO-Sprecher Jamie Shea) in hoher Frequenz veröffentlicht; Fehler werden bestritten und die Durchführung einer Untersuchung angekündigt mit dem Verweis, dass es mehrere mögliche Erklärungen gebe; Die Wahrheit wird erst nach ein oder zwei Wochen zugegeben, wenn sich kaum jemand mehr dafür interessiert.
  3. Selbstinszenierung der Medien: Aktionismus, „Draufhalten“ und Dauer-live-Reportage täuschen über fehlende Analysen und Hintergrundforschung hinweg; Weil Live-Bilder einer lasergesteuerten Bombe im Moment der Explosion erlöschen, bleiben dem Zuschauer die Folgen vorenthalten, er nimmt Krieg dadurch virtuell und ähnlich wie ein Computerspiel auf; Die Ablehnung des Krieges wird kleiner, Kriegsbegeisterung kann leichter entfacht und instrumentalisiert werden.
  4. Selbstinszenierung einzelner Reporter: Journalisten stellen sich teilweise als selbstlose Helden dar, die wegen der exklusiven Nachricht hohe Risiken eingehen, verschweigen dabei jedoch die Unausweichlichkeit von Selbstzensur und Instrumentalisierung durch eine Kriegspartei ebenso wie die schlichte ökonomische Verlockung (47) oder Notwendigkeit ihrer Arbeit.
Kriegsjournalismus
Galtungs Theorie des Friedensjournalismus steht in der Praxis der Kriegsjournalismus gegenüber. Medien wirken sich dabei aufgrund folgender Merkmale unterstützend auf die Vorbereitung eines Krieges und die Aufrechterhaltung der Zustimmung der Öffentlichkeit aus (14):
  1. Massenmedien übernehmen oft ungeprüft an sie weitergegebene Informationen staatlicher Stellen
  2. in vielen Massenmedien wird gelogen
  3. Massenmedien spiegeln grundsätzlich den parlamentarischen Konsens wider
  4. sie zeigen Beharrungs- und Verstärkungstendenz, sind meist affirmativ, nicht kritisch
  5. sie konstruieren eine ihnen eigene Realität
  6. sie tendieren dazu, Meinung/Nachricht, Politik/Unterhaltung, Aufklärung/Kommerz zu vermischen
  7. besonders im Bereich internationale Beziehungen sind sie ein Substitut für persönliche Erfahrung
Friedensjournalismus
Die Theorie des Friedensjournalismus vergleicht (unkritische) Kriegsberichterstattung mit der Sportberichterstattung: Geht es zwischen zwei Parteien um Sieg oder Niederlage, wird Krieg als unvermeidlich dargestellt und die Sprache des Militärs übernommen, werden Friedensinitiativen weit weniger thematisiert als Gewalt, so bezeichnet Galtung dies als Kriegsjournalismus. Friedensjournalismus soll im Gegensatz dazu Hintergründe eines Konflikts herausarbeiten, mögliche friedliche Lösungen aufzeigen und auf diese abzielen. So sollen vor allem die Opfer beider Seiten gezeigt werden, nicht die Militärs. Medien und Journalisten übernehmen eine Vermittlerrolle, die Berichterstattung soll deeskalierende Funktion haben. Sie basiert im Kern auf vier Forderungen an Medien und Kriegsberichterstatter:
  1. Friedensjournalismus untersucht die Entstehung des Konflikts und stellt Lösungsansätze dar.
  2. Alle Seiten kommen ausgewogen zu Wort, es gibt keine Einteilung in ‚gut‘ und ‚böse‘. Die Lügen aller Beteiligten werden aufgedeckt.
  3. Aggressoren werden benannt, es wird über die Opfer auf allen Seiten gleichermaßen berichtet.
    Konfliktberichterstattung muss früh einsetzen und versuchen, einen Standpunkt einzunehmen, der zwischen den Parteien vermittelt.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen