23.04.2012

Das Geld! Es äschert ganze Städte ein ...

»… in Robert Musils Worten: Das Geld „ist vergeistigte Gewalt, eine geschmeidige, hochentwickelte und schöpferische Spezialform der Gewalt. Beruht nicht das Geschäft auf List und Zwang, auf Übervorteilung und Ausnutzung, nur sind diese zivilisiert, ganz in das Innere des Menschen verlegt, ja geradezu in das Aussehen einer Freiheit gekleidet?“ (Der Mann ohne Eigenschaften I, Reinbek bei Hamburg 1978, S. 508) … „Dem Geld ist es durchaus gleichgültig, in welche Sorte von Waren es verwandelt wird.“ (MEW 24:36) Genau diese demokratische Gleichgültigkeit des Geldes ist unmenschlich, sie entpflichtet uns, sich mit den Anliegen und Wünschen, Zuständen und Leiden der anderen zu konfrontieren, sofern diese nicht vermarktet werden können. Geld lehrt, dass die anderen uns egal sein können. Beim Geld hört bekanntlich auch die Freundschaft auf. Geld ist organisierte Verantwortungslosigkeit. Empathie ist außerhalb und hat daher einen schweren Stand. … Mit Geld jedoch lässt sich nur eine Wirtschaft erfinden, die bereits erfunden worden ist. … Gemacht wird nicht, was gemacht werden könnte, und getan wird nicht, was getan werden sollte, sondern gemacht und getan wird, was sich verkaufen lässt. Das kommerzielle Gebot steht über allen anderen. … Geld ist eine menschenfeindliche Kommunikationsform, da sie den Zugang zu den Produkten und Leistungen über der Leute Habe bestimmt und somit solche ohne Geld ausschließt. Die sozialstaatliche Korrektur ist das Eingeständnis dieses Missstands, keineswegs Abhilfe, sondern bloß Linderung. … Selbst dort, wo man sich dem Falschen hingeben muss, sollen entsprechende Handlungen nicht als Schritte in die richtige Richtung interpretiert werden. Das, was wir als bürgerliche Subjekte anstellen, ist falsch, so logisch es unmittelbar auch ist.«
Quelle: „Für die Abschaffung eines substituierten Gewaltverhältnisses“ von Franz Schandl in Streifzüge (27.03.2012). Zu lesen auf: www.linksnet.de/de/artikel/27406

„Kein ärgrer Brauch erwuchs den Menschen als
Das Geld! Es äschert ganze Städte ein,
Es treibt die Männer weg von Haus und Hof,
Ja, es verführt auch unverdorbne Herzen,
Sich schändlichen Geschäften hinzugeben,
Es weist den Sterblichen zur Schurkerei
Den Weg, zu jeder gottvergessnen Tat!“
Das schrieb Sophokles vor fast 2500 Jahren in „Antigone“, Vers 295-301.

Franz Schandl ist Redakteur der Zeitschriften Streifzüge (Wien) und Krisis (Nürnberg). Er verfasste eine konsequente Polemik gegen das Geld und plädiert für seine Abschaffung. Natürlich geht er dennoch zur Bank, holt sich dort sein Geld zum Leben, verdient es mit Arbeit, kauft ein und wettert nicht pausenlos darüber.
Es lässt sich viel Be-Denkenswertes und auch Be-Handelnswertes im Artikel finden. (Allein unsere Sprache ist "occupyed": „Handeln“ und „Wert“ sind heute weitgehend ökonomische Begriffe). Aus dem Ruf "occupy!" sollte kein okkupieren und letztlich usurpieren werden, sonst erliegen wir der von Schanderl angesprochenen "Zurichtung". Emanzipatorisch denken und handeln sucht nach Wegen hinaus aus dem Hamsterrad. Das sollte man nicht bloß bei Franz Schanderl erhoffen, sondern selber tun.
Einen bereichernden Vortrag zur Frage "Kann das Geld abgeschafft werden?" bietet Prof. Karl-Heinz Brodbeck als Podcast an: http://212.33.55.235/mwla/KH_Brodbeck0312.wma

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