15.05.2012

„Weniger Demokratie ist besser für die Märkte“


Bundeskanzlerin Angela Merkel: „(Wir) werden Wege finden, wie die parlamentarische Mitbestimmung so gestaltet wird, dass sie trotzdem auch marktkonform ist.“ (Deutschland-Radio, 1.9.2011)
„Was … kann das anderes heißen, als dass sich die Politik in Zukunft stets zuerst an den ökonomischen Sachzwängen orientiert, bevor sie selbst zur ausführenden Tat schreitet? Natürlich ganz alternativlos – und immer getreu dem Diktat der Finanzmärkte. … Man kann … – wie schon im Falle Griechenlands – getrost von einem Putsch der Finanzmärkte sprechen. Die Finanzmärkte suchen sich heute gewissermaßen ihre eigenen Regierungen. Sie sind es, die durchregieren. … … längst ist die Volksherrschaft keine souveräne mehr, sondern eine simulierte, in steter Abhängigkeit von den Ausschlägen der Börsen. … Denn, so bringt es Jürgen Habermas polemisch auf den Punkt: „Weniger Demokratie ist besser für die Märkte“. … Deutschland wurde vom Zahlmeister zum Zuchtmeister Europas … In Italien wie Griechenland wurden … bereits Übergangsregierungen aus „Experten“ gebildet, ohne vorausgegangene Wahl. Andere Länder könnten diesem Beispiel folgen. In der politischen Theorie – wie auch in der realen Geschichte, nämlich der römischen – kennt man dafür durchaus ein Vorbild: die kommissarische Diktatur. … Ohne die Entmachtung der Märkte und die Wiederherstellung des Primats der Politik werden die Europäer ihre demokratische Souveränität … nicht wiedererlangen. Souverän im demokratischen Sinne ist heute nicht der, der über den Ausnahmezustand entscheidet, sondern jener, der den herrschenden Ausnahmezustand beendet.“
Aus: „Souverän ohne Volk – Der Putsch der Märkte“, von Albrecht von Lucke, in „Blätter für deutsche und internationale Politik“, 12/2011

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