31.07.2012

"Du bist nichts, dein Wirtschaftsstandort ist alles"


Gefahr für Demokratie, Freiheiten und Alternativen droht nicht nur von rechtsradikaler Seite, erklärt Tomasz Konicz, denn …
„…der ökonomistische Extremismus der Mitte birgt weitaus größere Gefahren, da er eine schleichende autoritäre Transformation der Bundesrepublik ermöglicht, die durch eine beständige reaktionäre Verschiebung des gesamten politischen Spektrums vollführt wird. Es findet keine Neugründung einer Rechtspartei in der Bundesrepublik statt, gerade weil das gesamte Parteienspektrum sukzessive nach rechts abdriftet. Und genau diese schleichende Ausbildung einer "extremistischen Gesellschaft", in der Alles auf dem Altar der krisengeplagten Ökonomie geopfert wird, birgt das größte Gefahrenpotenzial für die Überreste bürgerlicher Demokratie und jegliche soziale Emanzipation ... Schon längst werden auch in Deutschland Menschen in den Hungertod getrieben, wenn sie den Befehlen der repressiven Armutsverwaltung nicht Folge leisten können. Wir haben uns einfach an diese barbarischen Zustände längst gewöhnt. Da sie in einer "demokratischen" Form per Parlamentsbeschluss durchgesetzt wurden, werden sie kaum als extremistisch und barbarisch wahrgenommen.Je offensichtlicher der Kapitalismus an seine inneren Grenzen stößt, desto stärker greift der Extremismus der Mitte um sich, desto rigider und gnadenloser wird die Unterwerfung unter das Diktat der kollabierenden Ökonomie eingefordert. "Du bist nichts, dein Wirtschaftsstandort ist alles". … Die aufgrund dieser zunehmenden kapitalistischen Krisendynamik aus der Kapitalverwertung herausgefallenen, "überflüssigen" Menschen werden für die hieraus resultierenden, sozialen Desintegrationserscheinungen verantwortlich gemacht. Die bloße Existenz dieser auf soziale Transferleistungen angewiesenen Menschen wird ... zur Ursache der gegenwärtigen Krisenerscheinungen erklärt – diese Krisenverlierer waren schlicht nicht "leistungswillig", so das Mantra von Professor Hans-Werner Sinn, Sarrazin, Henkel, Rösler, Söder und Co. … Die wirtschaftlich "Überflüssigen" des kollabierenden und in Barbarei umschlagenden Kapitalismus sollen aufgrund eines eiskalten Rentabilitätskalküls - derzeit zumindest als Kostenfaktoren - verschwinden.“
Eine Analyse von Tomasz Konicz, erschienen auf „TELEPOLIS – heise online“: www.heise.de/tp/artikel/37/37354/1.htm
Die Thesen werden durch eine Studie der „Friedrich-Ebert-Stiftung“ belegt: http://library.fes.de/pdf-files/do/07504-20120321.pdf
(Tomasz Konicz, geb. 1973 in Olsztyn/Polen, studierte Geschichte, Soziologie, Philosophie in Hannover sowie Wirtschaftsgeschichte in Poznan. Arbeitet als freier Journalist mit Schwerpunkt Osteuropa. Er lebt unweit der westpolnischen Stadt Poznan.)

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