17.04.2012

Marktkonforme Demokratie


Bundeskanzlerin Angela Merkel ist der Ausdruck "marktkonforme Demokratie", die es zu schaffen gelte, zuzuschreiben. Kritiker definieren die Neuzeit bereits als „Postdemokratie“. Beklagt wird europaweit neben Sozialabbau ein zunehmender Demokratieabbau. Der Brüsseler EU-„Regierung“ und ihren beratenden und inzwischen teilweise allein entscheidungsberechtigten Lobbygruppierungen aus Wirtschafts- und Konzernetagen wird Weltmachtpolitik und Neokolonialismus nachgesagt.
Aus einem aufschlussreichen Artikel von Silvio Duwe: "Es muss ein großer Unmut aufkommen":
- Tatsächlich sprechen sich Wirtschaftswissenschaftler wie Melvyn Krauss offen für weniger Demokratie in den "Pleitestaaten" aus, da die Demokratie "schmerzhafte, aber nötige Reformen im Süden der Euro-Zone verhindert". … Nathan Gardels, Berater beim Nicolas-Berggruen-Institut, das es sich zur Aufgabe gemacht hat, "neue Ideen für gute Regierungsführung" zu entdecken, sieht in den neuen technokratischen Regierungen einen Gegenentwurf zur Demokratie, von dem "wir alle" profitieren könnten. In seiner Logik sind die Demokratien in Italien und Amerika nur populistische "Vetokratien", Politiker werden zu "Sklaven" der Stimmungen des Volkes und damit handlungsunfähig. Direkte Demokratie könne das Problem auch nicht lösen, weil dann "die Rentner weiter auf ihren Pensionen" bestünden - nicht gewählte Expertenregierungen, die auf die Wünsche und Bedürfnisse des Volkes keine Rücksicht zu nehmen brauchen, werden so zum Heilsbringer stilisiert. Am Ende steht die Diktatur der Märkte. -
Veröffentlicht auf „Telepolis – heise online“: http://www.heise.de/tp/artikel/36/36780/1.html

13.04.2012

Tod für jeden als Privatdienstleistung


"Neu im Handel: Euthanasie! Die neoliberalistischen Veränderungen unserer Gesellschaft manifestieren sich nicht nur im Finanzsektor, in hoher Arbeitslosigkeit und sich ausbreitender Armut, sondern sie beeinflussen auch die Entwicklung und Ausgestaltung des medizinischen Komplexes. Die entsprechenden Entscheidungen werden - wie in den anderen Fragen auch - auf europäischer Ebene getroffen. Derzeit im Gespräch sind die Änderung des Transplantationsgesetzes, ebenso wie die Regelungen zur medizinischen Praxis am Lebensende - beides Auftragsarbeit aus Brüssel! ...
Heilen und Töten gehören nicht zusammen. Das Töten entspricht nicht dem Hippokratischen Eid. ...
In Belgien wurde erstmals am 29.01.2005 Euthanasie bei einer 43-Jährigen mit zeitgleicher Entnahme von Nieren, Leber und Bauchspeicheldrüse gekoppelt. Vieles wird denkbar, wenn menschliches Leben kapitalistischen Prinzipien unterstellt und Töten zum ärztlich-medizinischen Geschäft wird."
Aus einem Artikel von Heike Knops; Dr., Theologin, ehemals wiss. Mitarbeiterin im Fachgebiet Bioethik an der KiHo Wuppertal; seit 2007 Pfarrerin in Uedem und Lehraufträge in der Diakonenausbildung sowie an der Hochschule Rhein Waal. Mitglied im wissenschaftlichen Beirat von „Attac Deutschland“.

11.04.2012

Polizistenmorde als Alibi für Rückkehr zum Zuchthaus-Staat?

„Ministerin Merks flammende Rede zur Festnahme der mutmaßlichen Polizistenmörder.
Eine Rede voller Pathos und Stringenz hielt Staatsministerin Dr. Beate Merk anlässlich der Festnahme zweier Männer, denen die Ermordung des Augsburger Polizeibeamten Mathias Vieth vor zwei Monaten zur Last gelegt wird. Merk forderte auf der Polizei-Pressekonferenz ... in Augsburg den Schutz der Polizei vor zunehmender Gewalt und die Ausweitung der Haftdauer bei lebenslangen Freiheitsstrafen. Die Rede der Justizministerin im Wortlaut.“
Quelle: „DAZ - Unabhängige Internetzeitung für Politik und Kultur“, Augsburg, Mittwoch, 31.12.2011 - http://www.daz-augsburg.de/?p=23124

Die Rede der Staatsministerin Dr. Beate Merk lässt sich folgendermaßen interpretieren und kommentieren:
Justizministerin Dr. Beate Merk sprach Joachim Herrmann, Bayerischer Staatsminister des Innern, wohl aus dem schwarzen Herzen, als sie auf der Polizei-Pressekonferenz am 30.12.2011 in Augsburg populistische Worte fand: (Zitate aus:”DAZ“)
„Es reicht nicht, die zunehmende Gewaltbereitschaft gegen unsere Polizeibeamten zu beklagen. Es ist ein wichtiger und richtiger Schritt als Sicherheitspolitiker, härtere Strafen zu fordern und an deren Umsetzung mitzuwirken“; „Es ist nicht Aufgabe des Staates, Sühne zu üben“; „Es ist dringend notwendig, dass der Staat gegen alle Formen von Gewalt gegen Polizeibeamte konsequent und mit aller Härte vorgeht“; „Selbstverständlich verfolgt die Justiz diese Taten schon immer. Aber die Hemmschwelle der Täter sinkt immer weiter. Hier müssen wir gegensteuern“; „Es ist aus unserer Sicht … noch nicht alles erreicht, was zu erreichen ist“; „Lebenslang muss sich von anderen Strafen ganz deutlich abheben“.
Frau Merk sieht ihre Aufgabe als „Sicherheitspolitikerin“ in der Forderung nach härteren Strafen. Dieser Ruf erschallt notorisch, wenn etwas passiert, das die Staatsgewalt bedrängt. Erschießen, foltern, prügeln oder bedrängen Sicherheitsbeamte dagegen Zivilpersonen, wird heruntergespielt, werden Beamte geschützt und Konsequenzen für unnötig erklärt. Frau Merk sagt, der Staat solle nicht „sühnen“, also vergeben und versöhnen, sondern „mit aller Härte“ strafen, die derzeit (noch) nicht angewandt wird. Mit ihr begeben wir uns zwangsläufig auf den Weg in den überkommenen Zuchthausstaat. Abgeschafft wurde der u.a., weil die mit „Zucht und Ordnung“ vergewaltigten Täter staatsseitig brutalisiert und so gewaltbereiter und verbrecherischer wurden. Frau Merks „Gegensteuern“ ist ein Bärendienst an der Gesellschaft.
Es passt in unsere krisengeschüttelte Zeit, diesen traurigen Anlass eines Mordes an einem unschuldigen Menschen in Polizeiuniform für einen Ruf nach mehr „Härte“ (Grobheit und Hartherzigkeit sind dafür Synonyme) zu missbrauchen. Weder den Übeltätern, noch den Opfern und Mitleidenden, noch der Gesellschaft bringt sie Gutes. Die wachsende Brutalität zwischen Menschen in unserem Gemeinwesen und gegen „Sicherheitsbeamte“ geht kein Deut zurück, wenn Täter hinter undurchlässigen Mauern mehr als jetzt schon drangsaliert werden. Es wäre ein Zeichen von Intelligenz und Gewissen (das Wort kommt von Wissen und Kenntnis und verlangt ihre moralische Umsetzung), wenn eine Justizministerin und Sicherheitspolitikerin gegen die Ursachen der gesellschaftlichen Verrohung „kämpfen“ würde. „Es ist besonders erschreckend, dass sich die Schraube der Eskalation immer weiter dreht“, sagte sie. An der dreht und wirkt sie mit. So wird die Eskalation zunehmen. Wahrlich eine „flammende Rede“.

09.04.2012

Schießsimultane Realität

Videospiel-Produzenten werden zunehmend in der Rüstungsbranche tätig.
„Die Grenze zwischen der Software-Entwicklung für Videospieler und der für das Militär ist fließend. Aus ökonomischer Sicht ist es gewinnbringend, die Engines an das Militär zu verkaufen, dennoch machen sich die Software-Unternehmen damit zu Handlangern der Kriegspolitik. Mit ihren Trainingssimulatoren erleichtern Unternehmen wie Crytek und Bohemia Interactive es der Politik, die Bundeswehr noch schneller zum Einsatz zu bringen.
Darüber sollten sich die Software-Entwickler bewusst sein. Militäreinsätze als letztes Mittel der Politik, das war einmal. Und wenn jetzt noch die Soldaten innerhalb kürzester Zeit fit für den Kampf in einer weit entlegenen Region gemacht werden können, senkt das die Hemmschwelle militärischer Auslandseinsätze noch weiter.“
Das sagt Michael Schulze von Glaßer auf „TELEPOLIS – online“ in einem ausführlichen faktenreichen Artikel.
Weitere Artikel von ihm: Hier.

07.04.2012

Zum Totlachen?


Im Krieg sterben Zivilisten, auch Kinder, viele Kinder. In Afghanistan töteten amerikanische Soldaten, vermutlich im Drogenrausch, des Nachts Familien und ihre Kinder. Kollateralschäden (euphemistische Umschreibung für zivile Kriegsopfer) werden sie genannt. Nicht schön, aber unvermeidlich, sagen Experten der Kriegsführung, und betonen gleichzeitig, wie sehr ihnen daran gelegen ist, sie zu vermeiden.
Die Kriegsexperten kommen auf immer neue Ideen, um dieser unschönen Angelegenheit entgegen zu wirken. So entstand u.a. die Arbeitsgemeinschaft "Rocken für Lachen helfen" GbR. Sie unterstützt mit der Durchführung von eigenen Benefizveranstaltungen den Verein „Lachen Helfen e.V, eine Initiative deutscher Soldaten und Polizisten für Kinder in den Kriegs- und Krisengebieten“. Unterstützer des Vereins „Lachen helfen“ sind u.a. Ministerpräsidenten, Bundestagsabgeordnete, Rüstungsfirmen, die Schloßbrauerei Kaltenberg (Irmingard Prinzessin von Bayern GmbH, Königliche Hoheit Prinz Luitpold von. Bayern), die „Söhne Mannheims – Xavier Naidoo“ und Wigald Boning (Comedy-Star und TV-Moderator: „Ich finde es richtig, die Taliban militärisch und politisch zu bekämpfen, aber zugleich das Land wieder aufzubauen und humanitäre Hilfe für die Bevölkerung zu leisten. Für Letzteres steht Lachen helfen. Deshalb unterstütze ich den Verein.“)
Begründung der Initiative: „Damit Frieden Zukunft hat! Kinderlachen ist Zukunftsmusik - Wir helfen Kindern ihr Lachen wiederzufinden! Neben der humanitären Unterstützung - Kindern wieder zum Lachen zu verhelfen - verknüpft ‚Lachen Helfen‘ auch die Hoffnung, dass Soldaten und Polizisten, die oftmals unter schwierigen Umständen Sicherheit schaffen und Wiederaufbauhilfe leisten, nicht als Besatzer geduldet, sondern als Partner begrüßt werden.“
Die Initiative „Rocken für Lachen helfen e.V.“ (u.a. die „Detonators“ aus Niedersachsen): „Es ist unser Ziel, weiterhin vielen Kindern in den Kriegs- und Krisengebieten eine gute Perspektive für ihr Leben zu geben und ein Lächeln in ihre Gesichter zu zaubern.“
Land und Leute bombardieren, deren Kinder töten und nebenbei die überlebenden Kinder zum Lachen bringen – makabrer war Krieg wohl nie.

06.04.2012

Was gesagt werden muss (2)


Eine Botschaft an Iran und Israel, die gleichzeitig an die deutsche Vergangenheit erinnert, gibt dieses 2,5-Minuten-Video.

Was gesagt werden muss (1)

"Günter Grass hat ein Gedicht geschrieben", stellte der rechtslastige Zyniker und Wortverdreher Henryk M. Broder fest, um, wie er es als seine Aufgabe ansieht, mit einem Wortschwall (logorrhoeisch) purer Gemeinheiten über ihn, so wie jeden anderen, herzufallen, der es wagt, der Regierung des Landes Israel nicht Beifall zu heischen oder nicht bereit ist, über ihre Politik den Mund zu halten. Dieser Fähigkeit verdankt er es, in den Medien dankbar herumgereicht zu werden. 
Günter Grass beleidigt und diffamiert er mit folgenden Unterstellungen:
• Günter Grass habe "schon immer ein Problem mit den Juden" gehabt.
• Er habe keine der vielen Reden des iranischen Staatspräsidenten mitbekommen.
• Das "Maulheldentum" der vielen Reden des iranischen Staatspräsidenten nehme er nicht ernst.
• Er rechne sechs Millionen tote Juden gegen sechs Millionen tote deutsche Gefangene auf.
Und behauptet alsdann:
• Günter Grass‘ Gedicht sei eine logorrhoeischen Explosion (= ein psychopathologischer Befund: ungehemmte, überschießende Sprachproduktion).
• Günter Grass wolle seinen Seelenfrieden finden, deshalb solle Israel "Geschichte werden": „So sagt es der iranische Präsident, und davon träumt auch der Dichter“.
• Grass sei der Prototyp des gebildeten Antisemiten.
• Grass habe schon immer zu „Größenwahn“ geneigt, nun aber sei er vollkommen „durchgeknallt“.
• Grass sei „nicht ganz dicht“, aber ein Dichter.
Er begründet seinen paranoiden Wortdurchfall mit der Behauptung:
• „Die Deutschen werden den Juden nie verzeihen, was sie ihnen angetan haben.“

Broders ungehemmte Verleumdung und Demütigung ist meines Erachtens nach eine strafbewehrte Meinungsäußerung. Üble Nachrede und Verunglimpfung sind eine Anzeige wert. Ich schließe mich ihr an.


Broders Giftküche: Springers "Welt online – 4.4.12, 14 Uhr 15"

04.04.2012

Was wir hören und nicht wissen sollen


"Wenn das landestypische regionale Monopolblatt, das seine In- und Auslandsnachrichten von einem der großen Medienkonzerne bezieht, die gleichen Nachrichten verbreitet wie der Regionalsender, den wir im Radio eingeschaltet haben, wenn sich also die Medien gegenseitig zu bestätigen scheinen – und sie stimmen fast immer überein, auch in der Wortwahl –, können uns schwerlich Zweifel an diesen Nachrichten befallen. Wir halten uns dann für wahrheitsgemäß informiert und geben uns, eben weil wir nichts anderes lesen, hören und ahnen, mit der halben Wahrheit zufrieden, die eine ganze Unwahrheit ist. Viele Nachrichten sind sogar frei erfunden. ...
Von der Propaganda angeleitet, mit der uns die dominierenden Medien reichlich bedenken, leiden wir mit den Opfern der bösen Gewalt; von Opfern der guten Gewalt wissen wir nichts. Was nicht in die Inszenierung paßt, sollen wir möglichst gar nicht erfahren. So hindern uns die sorgsam auswählenden Propagandamedien an störenden, womöglich verstörenden Gedanken. ...
Wer genau hinschaut, analysiert und Vergleiche zieht, wird nach und nach hinter all den Falschmeldungen und Weglassungen ein starkes Interesse erkennen: den Anspruch der guten alten Kolonialmächte, andere Staaten, vor allem die, die reich an Bodenschätzen sind, in koloniale Abhängigkeit zurückzuführen. ...
Die Getöteten werden – wie auch der französische Attentäter, den 30 Elite-Polizisten angeblich nicht lebend aus seiner Wohnung zu holen vermochten – in keinem Prozeß aussagen können. Und dem US-Soldaten Bradley Manning, der versucht hat, über WikiLeaks US-amerikanische Kriegsverbrechen im Irak aufzuklären, droht lebenslange Haft."