24.06.2013

„Der Mensch als Müllhalde“

„Der Lebensmittelskandal scheint zu einem Alltagsphänomen zu werden. Spätestens wenn die nächsten ekligen Schweinereien, die uns die Lebensmittelindustrie auftischt, infolge medialer Abnutzungseffekte keine größere Empörung mehr auslösen, werden wir anfangen, mit der permanenten Lebensmittelkrise als einer Normalität zu leben – bis wir an der schleichenden Vergiftung zugrunde gehen, der wir im Spätkapitalismus unausweichlich ausgesetzt sind …Unterm krisenbedingt zunehmenden Konkurrenzdruck lösen sich die letzten Hemmungen in einer von nur wenigen Dutzend Großkonzernen beherrschten Branche auf. Dort kämpfen viele scheinselbständige Akteure ums nackte ökonomische Überleben, derweil die Zerrüttung der staatlichen Finanzen gleichzeitig zur Erosion des Lebensmittelkontrollsystems führt … Dank der Nestlé-Billigmarken könnten nun auch europäische Verbraucher »eine Familienmahlzeit für weniger als einen Euro pro Portion zubereiten« ... Der Elendsfraß gehört längst zu den wichtigsten Wachstumsmotoren dieses weltgrößten Lebensmittelkonzerns … Es ist bezeichnend, daß beim Pferdefleischskandal nahezu ausschließlich Billigmarken betroffen waren, seien es nun die Produkte von Lidl und Aldi oder die Marken A & P, TiP, Gut & Günstig und KClassic … Der illegale Handel mit minderwertigen oder verseuchten und verdorbenen Lebensmitteln sei ein »ziemlich neues Phänomen«, erklärte ein Europol-Ermittler … zu dem inzwischen sizilianische Mafiabanden, die gepanschten Wein in Umlauf bringen, genauso gehören wie niedersächsische Fleischer, deren ungenießbarer Schweinekehlkopfknorpel sich in italienischer Wurstware findet … Welche Bedeutung der Verbraucherschutz für die derzeitige Bundesregierung hat, läßt sich etwa am Wahlkampfprogramm der CDU von 2005 ablesen, in dem die gänzliche Abschaffung der staatlichen Lebensmittelkontrollen gefordert wurde … Die naheliegende Lösung, einen Teil dieser gigantischen Überschußproduktion den Krisenopfern zur Verfügung zu stellen, käme systemimmanent einer Blasphemie gleich, da innerhalb der Verwertungslogik Lebensmittel, die nicht verwertet werden konnten, keinen Wert besitzen und eher vernichtet denn gegessen werden sollen … Der menschliche Körper ist für das Kapital ein perfekter Müllschlucker, in dem die Ergebnisse einer katatrophalen Nahrungsproduktion billig entsorgt werden können … »Mit Obst und Gemüse läßt sich nur wenig Profit machen – mit Junkfood und Softdrinks schon mehr. Es lohnt sich ganz einfach nicht, gesunde Produkte ans Kind zu bringen«, erläuterte Anne Markwardt von der NGO Foodwatch in einem Interview. So nehmen Kinder inzwischen im Schnitt nur noch die Hälfte der empfohlenen Menge an Obst und Gemüse zu sich, während die tägliche Zuckerdosis mit 200 Prozent weit übertroffen wird. Die Folge: Seit den Neunzigern ist der Anteil fettleibiger Kinder um 50 Prozent gestiegen, ein Prozent aller Kinder leidet unter Altersdiabetes … Dieser Anstieg ernährungsbedingter Erkrankungen ist auf die krisenbedingten Verelendungstendenzen zurückzuführen, da sich immer weniger Menschen eine gesunde und ausgewogene Ernährung leisten können und deswegen zumindest den Kalorienbedarf mit Fast Food und Fertiggerichten zu decken versuchen …“
Quelle und ganzer Bericht: http://www.konicz.info/?p=2544

18.06.2013

Weltherrschafts-Pläne?


»Der Plan, von dem Stiglitz 2001 sprach ((in einem Interview 2001 des britischen „Guardian“ mit Joseph Stiglitz*)), findet sich fast in jedem Land wieder, das von der Euro-Krise an den Rand der Existenz gedrängt wurde. Stiglitz spricht von vier Stufen, nach denen der IWF vorgeht:
Zunächst soll es Privatisierungen geben. Alles, was in die Hände der Finanz-Elite geraten kann, ist willkommen. Stiglitz sagt, dass die Amerikaner die gnadenlose Ausbeutung des russischen Volkes durch die mit Washington verbundenen Oligarchen zur Zeit des Präsidenten Boris Jelzin bewusst unterstützt haben.
Stufe zwei ist die Liberalisierung der Kapitalmärkte. Eigentlich eine gute Idee: Investments sollen länderübergreifend ohne Hindernisse möglich sein. Wie Brasilien und Indonesien jedoch gezeigt hätten, sei das Geld nur in eine Richtung geflossen – aus den Ländern raus.
Stufe drei ist die Einführung von „marktgerechten Preisen“. Auch das eine gute Idee. Praktisch jedoch hat dies jedoch dazu geführt, dass die Preise Nahrungsmittel, Wasser und Heizgas explodierten.
Und nun kommt, so Stiglitz, ein Zwischenschritt zur finalen Lösung: Der Nobelpreisträger spricht von den „IWF-Unruhen“. Stiglitz wörtlich: „Wenn ein Land am Boden liegt, presst der IWF das letzte Blut aus ihm heraus. Sie drehen die Hitze so lange auf, bis das Ganze explodiert.“ Stiglitz nennt Indonesien, Bolivien und Ecuador als Beispiele, wo genau an dem Punkt schwere soziale Unruhen einsetzen. Die US-Sendung Newsnight hat ein Papier der Weltbank gesehen, wo genau dies – schwere soziale Unruhen – im Zuge der IWF-Strategie für Ecuador vorhergesagt wurden, „mit kalter Präzision“, wie Newsnight anmerkte.
Soziale Unruhen haben den unschätzbaren Vorteil, dass die Preise für Unternehmen und andere Assets in den betreffenden Ländern sinken, und daher die Einverleibung durch multinationale Konzerne zu einem hochprofitablen Geschäft werden lassen.
Die vierte und letzte Stufe schließlich ist der Freihandel. Stiglitz vergleicht die Errichtung von Freihandelszonen unter Aufsicht der Welthandelsorganisation WTO mit den „Opium-Kriegen“. Im 19. Jahrhundert hatten Amerikaner und Europäer einen knallharten Kolonialkrieg begonnen, der dazu dienen sollte, den Freihandel zu fördern. In der Praxis sah es so aus wie beim freien Kapitalverkehr: Lateinamerika, Asien und Afrika wurden mit Militär-Blockaden gezwungen, ihre Grenzen zu öffnen. Europäer und Amerikaner dachten nicht daran, ihre Märkte zu öffnen, sondern agierten weiterhin protektionistisch. Heute, so Stiglitz brauche man keine Militär-Blockaden. Heute werde dies mit Finanz-Blockaden gemacht.«
Botswana ist das einzige Land der Erde, das sich der globalen Ausbeutung erfolgreich widersetzt hat. Stiglitz: „Sie haben dem IWF einfach gesagt, er soll aus ihrem Land verschwinden.“
*) Joseph Stiglitz, Preisträger des von der schwedischen Reichsbank vergebenen, inoffiziellen Wirtschafts-(Nobel)-Preises wurde 1999 als Chef-Volkswirt des IWF gefeuert.

17.06.2013

12.06.2013

Ich mag die Überwachung!

Der Anspruch, dass zur Verteidigung der Demokratie alles erlaubt sein müsse, ist vielmehr ganz fest in den Köpfen auch deutscher Parlamentarier zementiert … Ohne Anlass verdächtig zu sein ist aber nicht nur der Tod der Bürgerrechte, sondern das ganz konkrete Ausgeliefertsein: Gegenüber Sicherheitsapparaten, deren ebenso konkret ausgeübte Gewalt aus guten und täglich nachlesbaren Gründen der Aufsicht bedürfte … Demokratien werden so ganz und gar nicht gestärkt, sondern der Wille ihrer Träger gebrochen.“
Wollen wir einen Staat, der Freiraum und Möglichkeiten für seine Bürgerinnen und Bürger schafft, oder einen, der uns misstraut, überwacht und in unseren persönlichen Freiheiten einschränkt? Ist der Staat auf unserer Seite und verteidigt unsere Privatsphäre gegen Angriffe von Konzernen oder bedient er sich selbst auf intransparente Weise schamlos an unseren Daten?“
„Prism“ ist kein originär amerikanisches Phänomen: www.internet-law.de/2013/06/prism-ist-kein-originar-amerikanisches-phanomen.html
In München wurde eine Medizin-Professorin von der Polizei ausspioniert und gestellt, weil sie sich auf Twitter nachdenklich zum Fall Gustl Mollath geäußert hatte. Das Recht auf freie Meinungsäußerung wird auch hierzulande mit Füßen getreten. Der Polizeistaat ist endgültig in Deutschland angekommen.
„Ich mag die Überwachung, sie ist ein Schutz. Ich bin lieber überwacht als tot“, meint Bild-Kolumnist Franz-Josef Wagner über die Enthüllungen zur Überwachung von Abermillionen privaten Mailaccounts weltweit durch US-Geheimdienste.

10.06.2013

Internet-Überwachungen durch den US-Geheimdienst NSA


Edward Snowden ist nach Bradley Manning der zweite Whistleblower, der Geheimnisse der US-Regierung verrät und nun wie WikiLeaks-Gründer Julien Assange ein Land sucht, das ihm Asyl gibt.
» 2008 hatte Barack Obama noch die Arbeit von Whistleblowern als wichtig zur Aufklärung bezeichnet. Das ist lange vorbei. Man wird nun sehen, wie es nun dem 29-jährigen Edward Snowden, einem ehemaligen CIA-Angestellten, ergehen wird … Er habe nach seiner Entscheidung, Geheimdokumente an die Öffentlichkeit zu bringen, nie daran gedacht, anonym bleiben zu wollen, "weil ich weiß, dass ich nichts Falsches gemacht habe" ... Seit 2007, als er in Genf für die CIA arbeitete, sei ihm klar geworden, dass die Geheimdienste mehr Schaden anrichten, als Gutes tun … Bei der NSA habe man mit der Absicht gearbeitet, jedes Gespräch und jedes Verhalten zu kennen. Er wolle aber in keiner Welt leben, in der es keine Privatsphäre und damit auch "keinen Raum für intellektuelle Erkundung und Kreativität" mehr gibt. Er sei schließlich zur Einsicht gekommen, selbst zu handeln und nicht darauf zu warten, dass damit andere beginnen ... Er wolle auch selbst keine Aufmerksamkeit für sich, sondern nur darauf, "was die US-Regierung macht". Bislang habe er ein "sehr angenehmes Leben" gehabt, gut verdient, eine Freundin, eine stabile Karriere, eine Familie, die er liebe. Das wollte er opfern, weil er nicht guten Gewissens der US-Regierung gestatten kann, "die Privatsphäre, die Internetfreiheit und fundamentale Rechte für die Menschen auf der Welt mit dieser riesigen Überwachungsmaschine zu zerstören, die sie im Geheimen aufbauen". «
Aus einem Bericht auf TELPOLIS: www.heise.de/tp/artikel/39/39289/1.html

24.05.2013

Seit 1901 macht jeder seins

"Der Weihrauch, wie er zum 150. Jubiläum der SPD verbrannt wird, ist … ein Stoff mit doppeltem Verwendungszweck: Zum einen soll das Räucherwerk für einen geschichtsgesegneten Auftakt des Wahlkampfs sorgen; zum anderen soll es die verpönten alten Begrifflichkeiten und Ideale im Nebel verschwinden lassen. Sozialismus kommt ja nicht von sozial, sondern vom Sozialisieren, also vom Vergemeinschaften der Produktionsmittel, wie es etwa im Artikel 15 Grundgesetz vorgesehen ist; aber auch dieser Artikel wird ja allenthalben verlegen überblättert … Die SPD sagt indirekt, dass ihre Sozialisterei beendet ist. Das war eigentlich schon Botschaft des Godesberger Programms von 1959 ff; seitdem fordert die SPD: Wir wollen die Kontrolle wirtschaftlicher Macht! Vorher hat sie plakatiert: Wir wollen wirtschaftliche Macht verhindern! Lafontaine sagt das heute noch; darum ist er nicht mehr in der SPD und zum Jubiläum nicht geladen. Linke und linksgeneigte Ideen könnten freilich einen wirklichen Wettbewerb gut vertragen.“

»… „Das muss unter uns bleiben“ sagt der junge Genosse verschwörerisch, und macht eine Pause. „Viele Genossen sagen: Wir werden die Wahl verlieren.“ Die Wahl verlieren? Das darf doch nicht wahr sein, Defätismus bei der Geburtstagsfeier. Viele Beobachter, fährt der junge Genosse fort, machten dafür den Zickzackkurs seit den rot-grünen Regierungsjahren verantwortlich. Weder die Wähler noch die Basis wüssten, wofür die SPD noch gut sei. …«
Aus einem Bericht einer 150. Geburtstagsfeier im Berliner Bezirk Tempelhof: http://www.freitag.de/autoren/der-freitag/eine-schrecklich-nette-familie

„Ich habe eiserne Prinzipien Wenn sie Ihnen nicht gefallen, habe ich auch noch andere.“ (Graucho Marx) / "Da sind die Müllmänner!" - "Sag ihnen, wir brauchen nichts." (Marx Brothers)

22.05.2013

Ökonomische Demokratie

In einem Artikel macht sich Michael Jäger, Publizist in „der Freitag“, Gedanken über den Verfall der „Piraten“. Er formuliert dabei, „was ökonomische Demokratie sein könnte“:
» Diese Art und Weise, eine Demokratie als Parteienstaat zu betreiben, hat natürlich nur Sinn, wenn die Parteien politische Alternativen ausarbeiten, über die dann abgestimmt werden kann. Hier aber liegt die Crux der „richtigen Parteien“. Denn ihre politischen Gegensätze verschwinden immer mehr, während die sozialen Zugehörigkeiten bestehen bleiben. Ist eine der großen Parteien an der Regierung, macht sie ungefähr dieselbe Politik wie die andere. Nur im permanenten Wahlkampf betont sie ihre angebliche Besonderheit. Und weil selbst das schwer fällt, werden „Werte“ in den Vordergrund gestellt. Warum verschwinden die Gegensätze? Da hören wir die Antwort, dass alle sozialen Gruppen zur selben Politik objektiv gezwungen seien … Es ist kein Wunder, dass heute in der Weltfinanzkrise auch Stimmen laut werden, die nicht mehr den Niedergang der Demokratie beklagen, sondern offen ihre Aufhebung fordern … Das Internet ist, marxistisch gesprochen, eine neue Produktivkraft. Dass es den freien Zusammenschluss befördern würde, wenn nicht Privatmächte ihn erfolgreich behinderten, ist nur eine neue Variante desselben Konflikts, der schon bei der Entstehung großer kapitalistischer Fabriken im 19. Jahrhundert aufkam. Schon damals wurde proklamiert: Hier sind Massen von Menschen versammelt, und wie frei könnten sie für Ziele zusammenarbeiten, die im allgemeinen Interesse liegen, wenn da nicht die Privatmächte wären … Das Internet lässt eigentlich erst begreifen, was ökonomische Demokratie sein könnte. Denn erstens: In einer Ökonomie freier Individuen müssten diese, und nicht ein Staat, über die grundlegenden Produktionspfade einer Gesellschaft entscheiden. Zweitens, die Methode, mit welcher Individuen statt Gruppen entscheiden, ist die Wahl qua Stimmabgabe. Drittens wird es durchs Internet möglich, sich der allgemeinen Wahl auch zur Entscheidung über den ökonomischen Weg einer Gesellschaft zu bedienen ... In den letzten Jahrzehnten ist immer wieder bewusst geworden, dass an der „Festlegung der Perspektiven der Gesellschaft“ alle Individuen durch Volksentscheid hätten beteiligt sein sollen – ob es sich um die Nutzung der Atomkraft, den Stuttgarter Tunnelbahnhof oder die Bedeutung handelt, die man der Autoindustrie zugestehen will … «.

08.05.2013

Wachstum als oberstes Gebot


Das Geld in den Oasen:
"Man hat ausgerechnet, bei Einsatz des versteckten Geldes könnte zum Beispiel der Welthunger halbiert werden. Sehen wir einmal davon ab, dass die führenden Staaten es so vermutlich nicht einsetzen würden. Halten wir nur fest, dass sich das Problem erst in den letzten Jahrzehnten so sehr verschärft hat. Der Grund ist schwerlich, dass die Gier der reichen Menschen immerzu wachse. Eher schon ihre Verantwortungslosigkeit. Gier allein kann das Phänomen kaum erklären, da die Personen das dem Fiskus entzogene Geld ja nicht ausgeben – sie brauchen es gar nicht –, sondern nur verstecken. Statt es der Allgemeinheit zur Verfügung zu stellen, stecken sie es lieber heimlich in die Hedgefonds, die von den „Oasen“ aus operieren. Die vermehren es dann freilich, weil Vermehren, „Wachstum“, und sei’s auch nur von Geld, in unserer Wirtschaftsordnung das oberste Gebot ist.
Mit den Dienstleistungen, durch welche den Privatpersonen, mehr noch den weltweit operierenden Firmen der Weg in die „Oasen“ gewiesen wird, erwirtschaftet das Land einen guten Teil seines Sozialprodukts."
Quelle und ausführliche Analyse von Michael Jäger: http://www.freitag.de/autoren/michael-jaeger/eine-moderne-robinsonade